“Pop-up” Campingplatz im Wald sorgt für reichlich Ärger

Idyllisch ist es hier, mitten im Wald bei Irsingen. Eine geschützte Wiese umgeben von blickdichten Nadelbäumen. Zahlreiche Tiere haben hier ihre Kinderstube, ziehen sich zurück vor dem Lärm der umgebenden Menschen, setzen ihre Jungkitze in das hohe Grass und sind weitgehend ungestört. Doch bereits Ende Mai trauten zahlreiche Irsinger ihren Augen nicht. Ausgerechnet auf dieser Wiese, mitten im sogenannten “Bunkerwald”, sah es plötzlich aus wie auf einem Campingplatz. Gut 14 moderne Wohnwagen, PKW von Mercedes, BMW und Audi und zahlreiche weiße Kleintransporter waren – quasi über Nacht – im Wald angekommen. Während der Grundstücksbesitzer Frischwasser zum neuen “Campignplatz” fuhr, kochten die Emotionen im Ort hoch. Doch was war eigentlich passiert?
Statt Buchloe half ein Landwirt
Mitte Mai wanden sich durchreisende Sinti und Roma an die Marktgemeinde Türkheim und baten um einen vorübergehenden Campingplatz zum Abstellen und Wohnen. Die dafür vorgesehene Fläche war jedoch, laut Bürgermeister Christian Kähler, bereits belegt. Die Sinti und Roma wurden daher an Mindelheim, Bad Wörishofen und letztendlich Buchloe weiterverwiesen. Laut uns vorliegenden Informationen, wäre in Buchloe eine entsprechende Fläche verfügbar gewesen. Statt weiterzuziehen, wurden die Reisenden bei den Landwirten in und um Türkheim vorstellig. Während die meisten das Gesuch der Sinti und Roma ablehnten, erlaubte ein Irsinger Landwirt die Nutzung seiner Fläche im oben genannten Waldstück bei Irsingen. Dies jedoch, ohne die vorherige Kenntnisnahme der Marktgemeinde und des Landratsamtes. Und genau dieser Umstand hat jetzt Folgen.
Mehrere Bürgerinnen und Bürger, Jagdpächter und Nachbarn hatten sich mit Beschwerden an die Polizei, Marktgemeinde und Landratsamt gewendet. Dabei ging es nicht gegen die dort campierenden Sinti und Roma als Kulturgruppe, sondern gegen die generelle Nutzung dieser wertvollen Naturfläche mitten im Wald für einen originären Campingplatz, mit all seinen Folgen und Auswirkungen für Fauna und Flora. Beginnend bei der Lärmbelastung durch rund um die Uhr laufenden kraftstoffbetriebene Stromerzeuger, die nicht endgültig geklärte Entsorgung der Exkremente sowie Versorgung mit Frischwasser und die zahlreichen Fahrzeuge welche auf dem Waldboden geparkt sind.
„Campingplatz? Es ist doch ein Lager der Sinti und Roma, gelten da keine besonderen Regelungen?“
Wir fragten im Landratsamt nach, ob es für die durchreisenden Sinti und Roma besondere Regelungen gibt. Dazu Sylvia Rustler von der Pressestelle des Landratsamtes Unterallgäu: “Wer einen Campingplatz errichten oder auch nur das Aufstellen von Wohnwagen zulassen möchte, braucht dafür eine Baugenehmigung. Im Außenbereich sind Campingplätze und Wohnwagensiedlungen grundsätzlich verboten. Da sich die Wohnwagensiedlung im Außenbereich befindet, ist das Campen hier nicht zulässig. Deshalb wird unser Bauamt diese Nutzung voraussichtlich untersagen. Zunächst hat der Eigentümer des Grundstücks jedoch Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Spezielle Regelungen für das Abstellen von Wohnwagen durch Sinti und Roma gibt es nicht.“
Auch die Marktgemeinde Türkheim sieht inzwischen Handlungsbedarf, dazu Christian Kähler in einer Mail an unsere Redaktion: “Es erfolgte jetzt die Aufforderung das Grundstück im Laufe der nächsten Woche zu räumen.”
Ob die Sinti und Roma, beziehungsweise der betroffene Grundstückseigentümer der Aufforderung folgt, wird sich im Laufe der kommenden Woche zeigen. Auf den betroffenen Landwirt wird wohl noch etwas Ärger durch die Behörden zukommen, wenn die Auswirkungen der Flächennutzung, nach dem Abbau des Campingplatzes, vollumfänglich zu sehen sind. Für die Rehe, vor allem die trächtigen Rikken, kommt dies dann jedoch zu spät, sie mussten für das Setzen der Kitze in andere Bereiche ausweichen.